Szenische Lesung der Eichmann-Protokolle zum Gedenken an die Opfer des Holocaust am KANT

Am heutigen 27. Januar 2020 jährt sich die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, das zum Synonym für den Massenmord der Nazis an Juden, Sinti und Roma und anderen Verfolgten geworden ist, zum 75. Mal.

Gleichzeitig lässt sich ein Wiedererstarken des Antisemitismus in Deutschland und eine Zunahme antisemitischer Gewalttaten beobachten. Vor diesem Hintergrund ist die Auseinandersetzung mit den bedrückendsten Wahrheiten unserer Geschichte besonders gefordert. Passend hierzu erfolgte am vergangenen Mittwoch,  22. Januar 2020, die Aufführung einer außergewöhnlichen szenischen Lesung am KANT: „Arzt hätt’ ich nicht werden dürfen“- die Eichmann-Protokolle vor der gesamten Oberstufe des Kant-Gymnasiums.

Adolf Eichmann gilt als Inbegriff des Schreibtischtäters und als zentrale Figur für die Verfolgung, Vertreibung und schließlich die Ermordung von ca. 6 Millionen Menschen in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern. Nach seiner Entführung in Argentinien durch den israelischen Geheimdienst wurde er in Jerusalem vor Gericht gestellt. In einer 45-Minütigen szenischen Lesung gingen Bernd Surholt und Harald Schandry, zwei Schauspieler, Regisseure und Leiter der Hannoverschen Kammerspiele der Frage nach, wer Eichmann war und was ihn zu seinen Taten antrieb.

Dabei stützten sie sich auf Verhörprotokolle im Vorfeld des Eichmann Prozesses. Ergänzend wurden Originalzitate, Zeitungsschlagzeilen, aber auch Liedtexte, Briefe und Anordnungen der NSDAP-Parteileitung herangezogen, um den Schülern den historischen Hintergrund näher zu bringen. Gekonnt veranschaulichten die Darsteller, wie der skrupellose Schreibtischtäter Eichmann versuchte, sich als harmloses Rädchen im Getriebe, gar selbst als bedauernswertes Opfer der übermächtigen Befehlskette darzustellen.

Im Anschluss an die Lesung moderierte KANT-Geschichtslehrerin Barbara Hack, die auch die Veranstaltung organisiert hatte, eine Diskussion der Oberstufenschüler mit den Schauspielern. Als echter Glücksfall erwies sich, dass auch die Münsteraner Autorin Astrid Dehe, die 3 Jahre zu Eichmann recherchiert und das Buch „Nagars Nacht“ über Eichmanns Henker veröffentlicht hat, an der Veranstaltung teilnehmen konnte und diese mit fundiertem Hintergrundwissen bereicherte. So waren Lesung und Diskussion eine gelungene Veranstaltung, die alle Beteiligten sicherlich zum Nachdenken anregte.